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Chronik von Willingrade

Im Jahre 1227 hatte Graf Adolf IV. von Holstein gemeinsam mit dem Erzbischof von Bremen und Heinrich von Schwerin, dem Lehnsherrn Dithmarschens, in der großen Schlacht von Bornhöved den Dänenkönig Waldemar II. entscheidend geschlagen. Anschließend hatte er noch an einem Kreuzzug nach Livland teilgenommen und war auch hier unverletzt und erfolgreich zurückgekehrt.

 

Aus Dankbarkeit machte er danach den Kirchen und den Klöstern große Schenkungen. Hierzu gehörte auch unter anderem, dass das Recht zur Einziehung des Novalzehnten (Steuern) von insgesamt 23 umliegenden Dörfern dem Kloster Neumünster überschrieben wurde. Dieses wurde dem Erzbischof von Bremen durch eine Urkunde bestätigt. Man schrieb das Jahr 1238. Zu diesen Dörfern gehörte auch Willingrade. Somit ist das Schriftstück die erste überlieferte schriftliche Erwähnung unseres Dorfes. Es hieß seinerzeit "Willenrothe", was aus „wollen“, „streben“ und „Rodung“ zusammengesetzt war.

 

Zunächst gehörte der Grund und Boden des Dorfes jedoch weiterhin zum Kloster Segeberg. Erst 1306 tauschten die beiden Klöster 4 Hufen in Willingrade gegen das halbe Dorf Fehrenbötel. Damit übernahm das Kloster Neumünster auch das volle Grundrecht und die Gerichtsbarkeit über unser Dorf, was damals eine sehr einträgliche Angelegenheit war und zur Folge hatte, dass diese Rechte oft verschenkt, verkauft, verpfändet oder auch sich angeeignet wurden.

 

Die folgenden Jahrzehnte und Jahrhunderte waren in Bezug auf die Besitzverhältnisse in Willingrade genauso wechselvoll wie die in Holstein. Danach waren die Grafen

und Herzoge von Holstein gleichzeitig König von Dänemark.

Währenddessen hatten hier ab 1502 einige Bauernstellen Abgaben

an die Wittorfs in Brammer, die von der ehemaligen, gleichnamigen

Burg bei Neumünster stammten, zu leisten. Später waren einige

zum Gut Perdöl, andere der Pfarrkirche Neumünster zahlungs-

pflichtig.

 

Die Größe Willingrades zu dieser Zeit lässt sich durch Vergleich aus

der nachfolgenden Aufstellung der Gebäudewerte aus dem Jahre

1717 ermessen, wobei die Einwohnerzahl von Neumünster mit 1500

überliefert ist.

 

Neumünster – 441.200 Taler

Groß Kummerfeld – 14.500 Taler

Kleinkummerfeld – 5.500 Taler

Willingrade – 3.600 Taler

Rickling – 1.300

 

Das Dorf war ursprünglich als Rundlingsdorf angelegt. Um einen ovalen Dorfplatz mit anfangs nur einem Zugang standen giebelseitig eng gedrängt die Gebäude, darum keilförmig breiter werdend die Gärten. Davor lagen die Felder, die oft nur ca. 13 m breit aber dafür über 300 m, sogar bis zu 2000 m lang waren. Diese Dorfform war zwar nicht geeignet das Dorf gegen militärische Unternehmungen zu verteidigen, doch konnte das im freien übernachtende Vieh gegen Raubtierangriffe und Diebstahl geschützt werden und die Bewohner waren eher in der Lage, sich gegenseitig bei einem räuberischen Angriff auf ein Gehöft zu helfen.

 

 

 

Durch die Dreifelderwirtschaft versuchten die Bauern trotz der hohen Abgaben ihr karges Dasein zu verbessern. Aber sie wurden immer wieder zurückgeworfen. 1797 wütete die „Rote Ruhr“, an ihr starben viele Einwohner, ganze Familien wurden ausgerottet. Auch wurde Willingrade mehrfach von plündernden Soldatenhorden heimgesucht. Aus dem Winter 1813, der Zeit der napoleonischen Kriege ist überliefert, dass die Bewohner vor der Grausamkeit der durchziehenden Kosaken mit allem Hab und Gut flüchteten und sich in den nassen, damals mit Erlen bewachsenen Störwiesen versteckten.

 

Aber auch der „Rote Hahn“ verschonte unser Dorf nicht. So brannten zum Beispiel 1842 zehn Gebäude ab, 1896 waren es vier Bauernhöfe. 1908 wurde zum wiederholten Male das Schulhaus zerstört, wobei leider alle dort aufbewahrten Notizen über die Geschichte Willingrades vernichtet wurden.

 

 

Doch in der neueren Zeit gab es auch positive Ereignisse, die das Arbeiten und Leben der Bewohner verbesserten und angenehmer machten. So wurde Willingrade 1935 an die elektrische Stromversorgung angeschlossen. Auch die Erdölförderung ab 1952 wirkte sich positiv aus. Während um 1880 etwa 80 Personen hier lebten und es 1923 111 waren, kamen nach dem zweiten Weltkrieg zahlreiche Flüchtlinge und Vertriebene dazu, sodass es heute ca. 450 sind.

 

Text aus der Zeitung „750 Jahre Willingrade“ von Peter Roos

Willingrade heute

Quelle Google Maps

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